Weil der Schlaf eine so herausragende Bedeutung für unser aller Leben hat, kann ein Mangel daran schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Kurzfristig bewirkt er, daß wir tagsüber übermüdet, gereizt und aggressiv sind, daß wir uns schlechter konzentrieren und weniger schnell auf äußere Faktoren reagieren können als gewöhnlich.

Die Summe aller negativen Auswirkungen jedoch nimmt weitaus größere Ausmaße an.

Symptome auf der körperlichen Ebene: Selbst bei jungen Testpersonen, die eine Woche lang mit nur vier Stunden Schlaf pro Tag auskommen mußten, hinterließ die Schlafverkürzung bereits folgende deutliche Folgen: Der Kohlenhydratstoffwechsel verschlechterte sich, die Blutzuckerwerte (Glukose) waren erhöht, die Produktion der Schilddrüsenhormone geriet durcheinander, und abends wurden hohe Werte des Streßhormons Cortisol im Blut gemessen, die der Körper normalerweise erst in den frühen Morgenstunden ausschüttet. Diese Veränderungen ähneln denen, die im Frühstadium der Zuckerkrankheit und häufig auch bei alten Menschen auftreten. Bei vorübergehendem Schlafmangel bilden sich diese Stoffwechselentgleisungen zwar wieder zurück, wer jedoch ständig zu wenig schläft, muß diesen Mangel teuer bezahlen. Auch die Zunahme des Bluthochdrucks (Hypertonie) ist eindeutig in diesem Zusammenhang zu sehen.

Symptome auf der psychischen Ebene: Schlafmangel wirkt sich auch auf unsere Psyche aus. Mehrere Studien belegen, daß Menschen schreckhaft, reizbar/aggressiv und mißtrauisch werden, wenn sie über längere Zeit nicht auf ihr persönliches Schlafquantum kommen. Die Stimmung verschlechtert sich, Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit nehmen stark ab. Wird der Schlaf, egal ob freiwillig oder gezwungenermaßen, über einen längeren Zeitraum auf ein absolutes Minimum reduziert oder gar völlig verhindert, stellen sich vermehrt Depressionen, Sinnestäuschungen und Halluzinationen ein.

In Diktaturen wurde Schlafentzug deshalb auch als Foltermethode genutzt, um Menschen gefügig zu machen und „Geständnisse“ zu erpressen. Wer wochenlang oder monatelang nicht genug geschlafen hat, bringt kaum noch Interesse für sich und seine Umwelt auf und will in aller Regel nur noch eines: endlich wieder ausschlafen!

Besonders dramatisch wird es, wenn durch die Übermüdung eines Einzelnen das Leben von vielen eine tragische Wende erfährt.

Harrisburg 1979 – Der gefährliche Störfall im Atomreaktor „Three Mile Island“ im März 1979 in Harrisburg wurde – um vier Uhr morgens – durch „menschliches Versagen“ ausgelöst.

Tschernobyl 1986 – Der Unfall im Atomreaktor von Tschernobyl im April 1986 wurde durch völlig übermüdetes Kontrollpersonal verursacht.
Cape Carnaveral – Der Absturz der Raumfähre „Challenger“ beim Start von Cape Canaveral im Januar 1986 wurde durch eine Fehlentscheidung mitverursacht, die die Verantwortlichen nach weniger als zwei Stunden Schlaf am frühen Morgen getroffen haben.

Nordsee 1987 – Entscheidend für die Havarie der Fähre „Herald of Free Enterprise“ in der Nordsee im März 1987 war, daß der für das Schließen der Bugklappe verantwortliche Bootsmann eingeschlafen war.

Pazifik 1988 – Das japanische Tankschiff „Matsukaze“ lief im April 1988 morgens um 3.15 Uhr in der Straße von Juan de Fuca im Pazifik auf Grund. Aus dem amtlichen Bericht der Küstenwache geht hervor, daß die Wache auf der Brücke eingeschlafen war.

Alaska 1989 – Das Tankerunglück „Exxon Valdez“ im März 1989 in Alaska ereignete sich, nachdem die durch langwierige Bunkerarbeiten ermüdete Mannschaft das Ruder nachts einem unerfahrenen Mann überlassen hatte.

US-Ostküste 1999 – Beim Absturz eines Flugzeugs der Egypt Air vor der US-Ostküste im November 1999 kamen 217 Menschen ums Leben. Die Maschine gehörte zur gleichen Baureihe wie die Boing der Lauda-Air, die 1991 wegen eines technischen Defekts abstürzte und 233 Todesopfer forderte. Beide Maschinen waren im September in der selben Fabrik gebaut worden. Die Belegschaft dort musste ständig unter hohem Druck arbeiten und beklagte schon lange, daß sie aufgrund permanenter Übermüdung ihre Aufgaben nicht mehr gründlich erfüllen konnte. (Quelle: PSYCHOLOGIE HEUTE, Juli 2001)

Lasst uns gemeinsam wieder in die richtige Richtung steuern.